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Samstag, 9. Juni 2012

Das Schicksal des Menschen ist der Mensch. -Brecht

Als er erwachte, wusste er zuerst nicht wo er war. Das Kissen roch anders, die Tapete war weiß gestrichen und im Zimmer hing ein leichter Duft nach Parfüm und Katze. Sekt. Champagner. Ein rosanes Kleid. Sie tanzten. Die ganze Nacht. Er rieb sich die Augen, als sich plötzlich etwas neben ihm bewegte. Ein Kopf tauchte aus dem Gewühl der Bettdecken auf. Blonde Locken, die in alle Himmelsrichtungen abstanden und ein wenig verschmierter Liedschatten, der ihr auf der Stirn klebte. Wilde Bewegungen. Der Duft nach Rosenshampoo, wenn sie ihre Haare zurück warf. Ihre Augen schimmerten blau. Sie seufzte. Lächelte im Schlaf und drehte sich dann zur anderen Seite. Er war glücklich. Langsam guckte er sich weiter im Zimmer um. Die Tapete hatte ein feines Blümchenmuster und selbst der Bettvorleger war rosenfarben. Pastellfarbene Vorhänge, die sich leicht im Durchzug bewegten. Alles war irgendwie süß. Auf dem Boden lagen verstreute Anziehsachen. Gelächter. Sie waren betrunken. Und glücklich. Er wollte das Treppengeländer hochklettern. Verlor seinen Schuh. Dritter Stock. Keine Zeit zum Reden. Raus aus den Klamotten. Die frische Luft tat ihm gut. Vorsichtig schlug er die Bettdecke zurück und schlich auf Zehenspitzen zum Fenster. Es stand weit offen und man konnte auf das geschäftige Treiben in den Einkaufsstraßen hinab blicken. Es war schon Nachmittag. Mindestens. Die Sonne schien warm vom blauen Himmel hinab. Sie liebten sich. Der nächtliche Regen prasselte gegen das Fenster. Wild und ungestüm. Er atmete tief durch. Heute würde er nicht zur Arbeit gehen. Er war krank. Krank vor Liebe. Er musste schmunzeln und langte nach seinem Handy, das zusammen mit seiner Hose auf dem Boden lag. Lange betrachtete er das Display. Der Chef konnte warten. Zuerst wird gefrühstückt. Atemlos. Alle beide. Sie ging zum Fenster. Nackt. Perfekt. Der Regen hatte aufgehört. Sie grinste. Wild. Frei. "Mitternachtssnack?" Die Küche fand er auf anhieb. Überall stand benutztes Geschirr herum. Wer außer ihr war so verrückt um vier Uhr nachts noch Lasagne zu machen? Sie tat ihm gut. Spülen war nicht sein Ding. Einkaufen auch nicht. Außerdem hatte er sich immer noch nicht angezogen. Lachend machte er sich daran die Gefriertruhe zu suchen. Aufbackbrötchen schmecken sowieso am besten. "Wenn man seine Zunge lange genug an die Gefriertruhe pappt, dann friert sie fest." Lachen. Die ganze Zeit schon. Seine Mundwinkel taten weh. "Du bist verrückt." Die ganze Küche roch schon nach Brötchen und Marmelade, als er hinter sich tapsende Geräusche von nackten Füßen auf kalten Fliesen vernahm. Er drehte sich um und sah sie angelehnt im Türrahmen stehen. Sie war perfekt. "Es riecht nach Kaffee", sagte sie mit einem Lächeln. Verwundert sah er sie an. "Ich habe gar keinen gekocht." "Solltest du aber." Ich glaube, ich hab' mich in dich verliebt. Sie frühstückten nackt. Zwei Stunden lang. Es roch nach Rosen, Brötchen, Marmelade und frischem Kaffee, der scheußlich schmeckte, weil sie ihn gemacht hatte. Nach dem Frühstück ging sie duschen. Alleine. Aber das war okay. Er musste auf der Arbeit anrufen. Er ließ es lange klingeln. Dreimal, Viermal. Versonnen blickte er dabei aus dem Fenster und fragte sich ob Frau Schulz wieder Klatschblätter laß und das Telefon verloren hatte. Während er erneut wählte, schaltete er den Fernseher an. Es war ein alter im Retro Style. Genau sein Geschmack. Er beschloss öfter her zu kommen. Im ersten kamen gerade die sechs Uhr Nachrichten. Überhaupt nicht sein Ding. Er wollte Fußball. Doch gerade als er umschalten wollte, erschien das Logo seiner Firma auf dem Bildschirm. Explosion im Heizungsraum. Feuer. Rauch. Alle tot. Außer einer. Der war krank. Krank vor Liebe. "Wo arbeitest du eigentlich?" "Ach bloß so ein doofes Büro mit doofen Arbeitskollegen und einem noch viel döferen Chef. Total uninteressant." Alle tot. Die Badezimmertür ging auf. Frisch geduscht war sie noch schöner. Als er sich zu ihr umdrehte, merkte sie sofort, dass etwas geschehen war. Sie stürzte auf ihn zu. Zitternd nahm er sie in den Arm. Hielt sie fest. Und er war sich sicher, dass er sie sie nie mehr loslassen würde. "Ich liebe dich."
-Inspiriert durch Chris Kramer

1 Kommentar:

  1. Wieder mal voll schön geschrieben ♥
    Verrücktes Huhn, sorry, dass ich zur Zeit nicht zurückschreibe.

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