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Sonntag, 16. September 2012

Der schönste Tag in deinem Leben

Ich trete nervös von einem Bein aufs andere. Ich glaube so hibbelig wie heute, war ich noch nie in meinem Leben. Um mich herum wuseln dutzende von Menschen, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Keine Ahnung, wofür die alle zuständig sind. Catering, Blumen, ein paar Menschen von der Kirche. Keine Ahnung. Mama hat sich darum gekümmert. Zumindest scheint jeder hier eine Aufgabe zu haben. Niemand steht unnütz mitten im Weg und knabbert an seinen Fingernägeln. Nur ich. "Lass das." Meine Mutter schlägt mir kurz und sanft auf die Finger. "Du ruinierst dir noch den Nagellack." "Jaja" murmel ich und betrachte abwesend meine Hände. Murks vier Fingernägel sind schon gesplittert. Na hoffentlich sieht das nachher niemand. Mama seufzt. Sie hat die runierten Nägel auch gesehen. "Ich stelle mich auf den Gruppenfotos einfach vor dich." Sie grinst. "Und auf den Einzelfotos würd ich einfach die Pfoten unten lassen." Jetzt grinse ich auch. "Kann ich noch irgendwas machen? Irgendwem helfen? Ich fühl mich so nutzlos" frage ich. Daraufhin bricht sie in schallendes Gelächter aus. "Du? Helfen? Du bist ja jetzt schon komplett von der Rolle. Ne, ne lass mal. Das geht nur schief. Außerdem möchte ich nicht dass du dir dein Kleid ruinierst. Das hat uns ein Vermögen gekostet." Und mit diesen Worten verschwindet sie geschäftlich um die nächste Ecke, um irgendwelche Servietten neu zu falten, dem Organisten alle Stücke nocheinmal von vorne einzutrichtern oder die Fotopresentation zum hundertsten Mal auf Vollständigkeit zu überprüfen. Pöh. Die ist mindestens genauso nervös wie ich.
Ich sehe mich erneut im Raum um. Mittlerweile ist es leerer geworden. Bald geht es los. Mein Herz rast. Auf einmal sehe ich ihn um die Ecke biegen. Mit leicht wippendem Gang kommt er auf mich zu. Ein schiefes Grinsen im Gesicht. Der schwarze Anzug steht ihm unglaublich gut und die Krawatte die er trägt hab ich ihm letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt. Ich bin fast ein bisschen stolz, dass er sie heute trägt. Erfreut hüpfe ich auf ihn zu. "Was machst du denn hier? Du darfst hier doch eigentlich gar nicht rein." Er grinst und legt einen Finger an die Lippen. "Pssst." Ich muss schmunzeln und umarme ihn stürmisch. Man man man bin ich aufgeregt. Er lacht und drückt mich an sich. Wie kann er nur so verdammt lässig bleiben? Ich sterbe fast vor Nervosität. Plötzlich;  klackernde Absätze hinter uns. Mama biegt um die Ecke. "Wo bleibst du denn Schätzchen es geht gleich los. Du wirst doch jetzt wohl nicht.." Sie stockt mitten im Satz als sie ihn erblickt. "Und du", zischt sie ihn an, "zack zack raus hier. Du hast hier nichts verloren. Du müsstest eigentlich auch schon längst woanders sein." Und mit diesen Worten schubst sie ihn halb lachend halb tadelnd aus der Tür. Mama blickt mich an. "Bist du bereit?" Ich muss schlucken und drücke ihre Hand. "Ja" sage ich und nicke. Ich habe das Gefühl gleich einen Herzkasper zu bekommen. Langsam gehen wir Hand in Hand Richtung Kirche.
Es ist ganz ist still. Im Innenraum der Kirche sitzen alle auf ihren Plätzen. Plötzlich beginnt die Musik zu spielen, alle Gäste erheben sich und mein Herz macht einen Satz, als die Türen sich öffnen. Und als mein Bruder strahlend mit seiner Zukünftigen den Gang entlang schreitet, beginnen Mama und ich gleichzeitig zu weinen. Ich war noch nie so glücklich.
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Irgendwie gefällt's mir nicht. Meinungen?
Auf und davon, lisa

1 Kommentar:

  1. Ich weiß nicht ob der kommentar angekommen ist, aber ich finde den Text super! Gefällt mir sehr sehr gut.

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